Mittwoch, 16. November 2011

Die Besucher - eine Science-Fiction-Geschichte

Eine Kugel von 80 m Durchmesser näherte sich der Erdoberfläche über einer Wüstengegend in Nordamerika. Sie veränderte ihre Form fließend zu einer Halbkugel mit 3 Stützbeinen und landete auf diesen. Die Radarschirme hatten sie nicht erfassen können, und auch optisch war sie gut getarnt.  Trotzdem
wurde sie gesehen - es war ein Zufall. 
Günther und Claudia hatten in der Nähe der Stelle gecampt. Sie waren seit 3 Wochen hier unterwegs, auf einem Gebiet, das in ihrer Kindheit USA gehießen hatte. Dies war ihre erste gemeinsame Reise, und sie hatte sich als Belastung für ihre junge Beziehung erwiesen. Claudia hatte sich gerade verärgert vor das
Zelt begeben, als sie die Kugel über dem Abendhimmel erkannte. Das Objekt unterschied sich farblich nicht vom Hintergrund, doch der scharf begrenzte Rand einer Wolke wurde unscharf verwischt. Zuerst dachte sie an eine Fata Morgana, doch dann erkannte sie die kugelrunde Form, die sich vom Hintergrund abhob und schnell größer wurde. 
Claudia schrief auf und rief: "Wir müssen wegrennen!" Sie streckte den Kopf ins Zelt und rief: "Los, kom
schnell raus!" Dann hörten beide ein tiefes Brummen. Ein starker Wind kam auf, den die beiden erst allmählich mit dem bedrohlichen Objekt in Verbindung brachten. Günther hatte sich schnell seine Hose angezogen und
seine Füße in die Sandalen gesteckt, und wollte gerade wegrennen, als er sah, dass das Objekt nicht mehr näherkam. Er sah sich rasch um. "Wir verstecken uns im Zelt! Los, zurück! Es gibt hier sonst kein Versteck!"
Widerwillig kam sie mit ins Zelt. Sie beobachteten das Geschehen durch eine kleine Öffnung. Das Ufo war in dieser Nähe deutlich zu erkennen. Sie sahen die etwa 2 Meter langen kegelförmigen Beine, auf denen
die Halbkugel stand. Sie waren etwa 30 Meter davon entfernt.
Übung 1: Welchen Durchmesser hatte das jetzt halbkugelförmige Objekt, und unter welchem Winkel sahen sie es? (Vorausgesetzt, das Volumen blieb bei der Umformung konstant, und das Volumen der Beine ist zu vernachlässigen.)
Sie sahen mehrere schwarze Röhren, die aus der Kugel ausfuhren und eine dunkle Flüssigkeit aussonderten. Günther dachte an Erdöl, über das er einmal gelesen hatte. Claudia dachte dabei an Kotze. Wahrscheinlich war den Insassen von der Fahrt schlecht geworden, und sie mussten sich alle übergeben. Ein seltsamer Gedanke, aber er schoß ihr durch den Kopf und sie musste lachen. Dann bekam sie Angst, weil sie ein Geräusch gemacht hatte und besser still sein sollte. Was danach kam, daran erinnern sich beide heute nicht mehr.
Claudia erwachte, als ein Polizist sie anschrie: "Können Sie mich hören?" und ihr eine Ohrfeige gab. Ihr Kopf lag in Gras und Erde. Sie lag im Straßengraben. Ihr war schlecht. "Haben Sie getrunken?" fragte der Polizist?
"Nein," sagte sie, "oder, ich weiß nicht." "Aber ich weiß es", sagte er. "Sie stinken nach Alkohol. Wir bringen sie aufs Revier und testen Sie auf Drogen. Kommen Sie mit." Sie wurde unsanft in die Höhe befördert und abtransportiert. 
Später wurde sie ins Krankenhaus gebracht, und nach dem dritten Labortest stand fest, dass sie eine Vergiftung durch Ethanol, Methanol, Propanol, Chloroform und andere Lösungsmittel erlitten hatte. Am dritten Tag nach ihrer Einlieferung, dem Tag ihrer Entlassung, begann sie sich an das Ereignis mit dem Raumschiff zu erinnern. Sie rief Günther an, doch niemand ging ran, nur die Mailbox begrüßte sie mit einer unpersönlichen Botschaft. Sie fuhr mit der U-Bahn zu seiner Wohnung, doch es öffnete niemand. Sie meldete ihn als vermisst bei der Polizei, doch man sagte ihr, eine Vermisstenmeldung werde bei Erwachsenen erst nach 72 Stunden angenommen. In den allermeisten Fällen tauchten Vermisste wieder auf, hatten bloß vergessen ihr Handy aufzuladen oder wollten einfach mal ihre Ruhe. 
Günther fiel den Behörden am nächsten Tag auf. In einer nahegelegenen Großstadt urinierte er in aller Öffentlichkeit, nur ein paar Meter von einem Polizisten entfernt, der ihn darauf  ansprach. Er wirkte verwirrt und wurde daraufhin in Gewahrsam genommen. Seine Blutprobe ergab eine Vergiftung mit verschiedenen
kaum gebräuchlichen Chemikalien. Er behauptete später, sich ebenfalls an das Raumschiff zu erinnern, jedoch erst nachdem Claudia mit ihm darüber geredet hatte. Die beiden fuhren wieder zu der Stelle, doch sie konnten sich nicht mal einig werden, wo genau es war, und sie fanden kein Raumschiff und keine Spuren.
Keiner glaubte den beiden ihre Geschichte, und sie begannen selbst daran zu zweifeln.
Niemand sonst hatte ein Ufo in der Nähe gemeldet - bis auf das übliche statistische Rauschen, so gab es z.B. 2 Wochen später eine Sichtung etwa 100 km entfernt, aber dort war das Objekt pink gewesen und hatte die Form einer riesigen Möwe. Erst als sie ihre Geschichte im Internet verbreiteten, begannen die üblichen Nachsichtungen, wenn die Leute anfangen, mehr darauf zu achten, ob da vielleicht irgendwo ein Ufo rumfliegt.
Allerdings mehrten sich die Fälle von Vergiftungen durch die verschiedensten ungewöhnlichen Chemikalien. In den 3 Monaten danach wurden 244 Stoffe in die Liste verbotener Suchtmittel neu aufgenommen, fast doppelt so viele wie üblich. Es ist bis heute nicht klar, wieviele dieser Substanzen absichtlich genommen worden waren. Oft wurden Stoffe populär, wenn sie in einer Blutprobe gefunden worden waren. Doch die User behaupteten neuerdings meist, Außerirdische müssten ihnen wohl den Stoff im Schlaf gespritzt haben.

In den nächsten Monaten geschah sonst nichts Ungewöhnliches, jedenfalls nichts, was man nicht als Auswirkungen von  Klimawandel, Umweltverschmutzung oder radioaktiver Verseuchung erklären konnte.
Allerdings nahmen die Fischbestände drastisch ab, und häufig enthielten die Fische bedenkliche Mengen von Chemikalien. Die Ursache blieb rätselhaft - bis eines Tages in einer Probe des Meeresbodens eine unbekannte Lebensform entdeckt wurde. Es handelte sich um bakterienähnliche Gebilde, deren genetischer Code sich jedoch von dem bisher einzig bekannten irdischen Code unterschied. Es stellte sich bald heraus, dass sich die neuentdeckte Lebensform rasch vermehrte, und in wenigen Monaten überhand zu nehmen drohte.
Es gab sie in zahlreichen Varianten, die verschiedenste, meist für uns giftige Chemikalien produzierten. Hierfür nutzten sie das Sonnenlicht, oder sie fraßen irdische Bakterien. Sie schlossen sich teilweise zu Verbänden zusammen und konnten miteinander durch Photonen über mehrere Millimeter hinweg miteinander kommunizieren. Sie bildeten eine Art intelligente Folie, die inzwischen einen Großteil des Meeresbodens überzog und chemisch veränderte. Auch in den Därmen von Tieren und Menschen wurden die AlienBakterien immer häufiger gefunden. Dies verursachte meist schwere Vergiftungen und den Tod.
Es gab immer mehr Ufo-Sichtungen, doch Mathematiker wiesen darauf hin, dass - wenn die neue Lebensform tatsächlich außerirdischen Ursprungs war - es für die Invasoren keinen Sinn machte, mehr als ein Raumschiff zu einem Planeten zu senden. Wenn man die Strategie der Überwältigung durch heimliches Eindringen und exponentielle Vermehrung verfolgt, hat man mit zwei Raumschiffen lediglich das doppelte Entdeckungsrisiko, gewinnt aber lediglich etwas Zeit - in diesem Fall nur etwa 2 Wochen, denn innerhalb dieser Zeitspanne verdoppelte sich die Menge der außerirdischen Lebewesen.
Übung 2: Unter der Annahme, dass 10 % des Volumens des Raumschiffs aus Lebewesen bestand, von denen wiederum 10% sich auf der Erde vermehren konnten: Wie lange dauerte es, bis die Erde von einer 1mm dicken Schicht der Außerirdischen überzogen war?
Wir dürfen uns glücklich schätzen, dass die Außerirdischen ein Reservat für uns eingerichtet haben, wo die wenigen überlebenden Menschen weiter existieren dürfen.

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