Sonntag, 23. Oktober 2016

Warum existieren wir? Weil wir es können.

Gödel hat nicht nur zwei berühmte Unvollständigkeitssätze bewiesen, sondern auch einen Vollständigkeitssatz.
Dieser besagt, dass jedes widerspruchsfreie Axiomensystem ein Modell hat. Anschaulich ausgedrückt: alles was existieren kann (weil es frei von logischen Widersprüchen ist), existiert auch.
Nehmen wir z.B. die Menge der natürlichen Zahlen 0, 1, 2, 3,.... Diese mathematische Struktur lässt sich durch wenige Axiome eindeutig definieren, und man geht allgemein davon aus, dass diese Axiome widerspruchsfrei sind (auch wenn sich das, nach Gödels 2. Unvollständigkeitssatz, erwiesenermaßen nicht beweisen lässt).
Wenn das so ist, dann existieren die natürlichen Zahlen also, im mathematischen Sinn.
Max Tegmark geht in seinem Buch "Unser mathematisches Universum" wie ich davon aus, dass "reale" Existenz und mathematische Existenz dasselbe ist.
Das heißt, unser Universum ist eine mathematische Struktur wie die natürlichen Zahlen, nur komplizierter.
(Dabei betrachten wir das Universum über seine gesamte zeitliche Existenz als Ganzes, also nicht aus unserer "Innen-Perspektive", aus der wir einen zeitlichen Ablauf wahrnehmen. Einstein hat ohnehin gezeigt, dass Raum und Zeit sich nicht voneinander trennen lassen, sondern nur als 4-dimensionale RaumZeit sinnvoll beschreiben lassen.)
Tegmark beschreibt nun 4 Typen von ParallelUniversen, die außer "unserem" Universum vermutlich noch existieren.
Die ersten 3 sind Bereiche dieses Universums, also derselben mathematischen Struktur, die wir aus verschiedenen Gründen nicht beobachten können. (Dazu gleich mehr.) Die 4. Art sind alle anderen mathematischen Strukturen.
Wir leben offenbar in einem Universum, in dem Leben möglich ist.
Es gibt einige physikalische Konstanten, etwa die Masseverhältnisse verschiedener Elementarteilchen, für deren konkreten Wert die Physiker bisher keinen Grund gefunden haben, die aber exakt so gewählt zu sein scheinen, dass sich die ganze Komplexität unserer Welt entwickeln konnte, mit ihren Galaxien, Sonnen und Planeten.
Wären diese Konstanten ein wenig anders, dann würde sich z.B. alle Materie sich zu einem großen schwarzen Loch vereinen, oder umgekehrt alle Teilchen sich einzeln in den Weiten des Raumes verlieren.
Warum sind diese Konstanten gerade so, dass Leben möglich ist?
Manche würden vielleicht sagen, weil Gott sie genau so eingestellt hat.
Wir Vernünftigen aber meinen, dass es ParallelUniversen gibt, wo die Konstanten jeden anderen möglichen Wert annehmen. Dass wir uns hier in einer Gegend finden, wo Leben möglich ist, liegt einfach daran, dass wir leben und deshalb nirgendwo sonst sein können. (Wikipedia: Anthropisches Prinzip).
Dies sind die ParallelUniversen vom Typ 2 nach Tegmark.
Typ 1 sind die Bereiche unseres Universums, die dieselben physikalischen Konstanten haben, aber zu weit weg sind und sich zu schnell von uns wegbewegen, um sie beobachten zu können.
Und Typ 3, das sind die ParallelUniversen der QuantenTheorie:
Es ist nämlich so, dass alle Teilchen Wellen sind, solange wir nicht messen, wo sie sind. Und erst wenn wir messen, scheinen sie sich zufällig zu entscheiden, wo genau sie sich gerade befinden.
Die Wellen lassen sich mit der Schrödingergleichung berechnen, aber der (scheinbare) Kollaps der Wellenfunktion, sobald man Messungen anstellt, erscheint rätselhaft.
Nach der Everett’sche Interpretation (Wikipedia: Viele-Welten-Interpretation) kollabiert die Wellenfunktion gar nicht, sondern das Universum (das durch die Wellenfunktion beschrieben wird) teilt sich in mehrere Bereiche auf, die sich dann unabhängig voneinander weiterentwickeln.
Nicht das Teilchen, das wir messen, entscheidet sich zufällig, wo es ist, sondern wir selbst teilen uns auf und finden uns in einer der verschiedenen Teilwelten wieder.
Kurz gesagt:
Alles, was existieren kann existiert, und alles was geschehen kann, geschieht - in seinem jeweiligen Universum.


Keine Kommentare: