Samstag, 26. September 2015

Die sogenannten westlichen Werte

Oft ist von "westlichen Werten" die Rede, die Europa mit den USA teile, und die die "transantlantische Partnerschaft" begründen.
Untersuchen wir zunächst, was damit gemeint ist. Dieser Artikel in der Zeit
http://www.zeit.de/2007/09/Was_heisst_westliche_Wertegemeinschaft/komplettansicht
erklärt das sehr gut. Ich versuche den Inhalt zusammenzufassen und kommentiere ihn.
1. Trennung von Kirche und Staat / Glaubensfreiheit
Im Bereich der Ostkirche war die Kirche immer dem Staat untergeordnet.
Die römische Kirche dagegen war im Mittelalter ähnlich mächtig wie der Staat. Herr Winkler argumentiert, dass dieser Dualismus "ansatzweise bereits ein Pluralismus" sei.
Wikipedia zum Thema Reformation:
"Vorbereitet durch Luthers prinzipielle Trennung von Geistlichem und Weltlichem (Zwei-Reiche-Lehre) löste sich der Staat von der Bevormundung durch die Kirche, um nun seinerseits im Landesherrentum und Absolutismus die Kirche von sich abhängig zu machen."
Der Westen erreichte also verspätet einen ähnlichen Zustand wie in Ost-Europa. Damit dürfte Herr Winklers Argumentation soweit hinfällig sein, und etwaige Unterschiede zwischen dem Westen und Russland können ihre historischen Wurzeln erst in der Neuzeit haben.
Wikipedia weiter:
"Doch auch dies stellte nur eine Übergangsphase in einer Entwicklung dar, die in vielen Ländern in die Trennung von Kirche und Staat mündete."
Nach dem 30-jährigen Krieg wurde schließlich Glaubensfreiheit eingeführt. Der Staat schrieb keine bestimmte Religion mehr vor.

2. Gewaltenteilung nach Montesquieu, umgesetzt durch die Verfassung der USA von 1787

3. Menschenrechte: Bill of Rights 1791
Herr Winkler behauptet:" Die Idee der persönlichen Würde jedes einzelnen Menschen hatte ihren Ursprung im jüdisch-christlichen Glauben an den einen Gott, der den Menschen nach seinem Bilde geschaffen hat. Das Bekenntnis zur Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz setzte historisch den Glauben an die Gleichheit aller Menschen vor Gott voraus."
Eine kühne Behauptung.
http://www.leitkultur-humanismus.de/entgleisungen.htm
Der "Syllabus von Pius IX. aus dem Jahr 1864 ... verdammte ... nahezu alle Errungenschaften der Moderne: Rationalismus, Naturalismus, Liberalismus, Demokratie, Trennung von Staat und Kirche. Erst 1961 (!) konnte sich Papst Johannes XXIII. ... zu einer halbgaren Anerkennung der Menschenrechte durchringen. Allerdings geschah dies nicht aus religiösen Gründen, sondern als Reaktion auf den gesellschaftlichen Druck der bereits stark fortgeschrittenen Säkularisierung."
Es ist also so, dass erst durch das Zurückdrängen religiösen Gedankenguts Menschenrechte und Demokratie möglich wurden.

"1789... verabschiedete die französische Nationalversammlung die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von den amerikanischen Vorbildern angeregt und in manchem über sie hinausgehend. Die Menschenrechte waren also das Ergebnis eines transatlantischen Zusammenwirkens."

Deutschland war daran jedoch nicht beteiligt.

"Und nicht nur die Menschenrechte, sondern auch die Ideen von der Herrschaft des Rechts (rule of law), einer repräsentativen Regierung und den checks and balances, den wechselseitigen Kontrollen und Gegengewichten, die eine zu starke Machtkonzentration in einer Hand verhindern sollen."

Soweit zum Zeit-Artikel. Statt von "westlichen Werten" sollte also genauer von der US-französischen Staatsform gesprochen werden.
Doch auch Deutschland hat eigene Werte entwickelt. Die Ideen von Marx führten zur Einführung von Sozialversicherungen.
Diese Ideen wurden von Russland übernommen.
So gesehen ist Deutschland ideen-geschichtlich also mehr mit Russland verbunden als mit den USA.

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