Samstag, 6. September 2008

Idealismus und Materialismus

So, getreue Fans, heute habe ich mir etwas Inspiration besorgt, kann also wieder blobbern.
Ein Buch: "Wer bin ich, und wenn ja, wie viele". Steht auf der Spiegel-Bestsellerliste. Warum bin ich nicht auf die Idee gekommen, so ein Buch zu schreiben? Vielleicht, weil ich nicht Filosof bin (darf man doch jetzt so schreiben, oder?) sondern Mathematiker.
Der Autor kritisiert, dass die Filosofie an den Universitäten heute großteils eine historische Disziplin ist; dass zuwenig mit den wissenschaftlichen Fachgebieten kommuniziert wird, etwa den Hirnforschern; und dass die Filosofie sich auf das Leben der Professoren nicht auswirkt. Im Gegensatz dazu hat Sokrates durch seine Filosofie dem Todesurteil gelassen entgegengesehen.
Wie dem auch sei, bin also inspiriert worden und schreibe mal was über
Idealismus und Materialismus:
Der Materialist geht davon aus, dass es nur eins gibt: Materie. Bewusstsein ist eine Funktion des Gehirns. Wir verstehen zwar bisher nicht, was es ist und wie es genau zustandekommt, aber das kann sich ja noch ändern. Vor wenigen Hundert Jahren wurde noch nicht verstanden, was Leben ist, und man meinte, organische Stoffe könnten nur durch Lebewesen erzeugt werden. Heute ist die Chemie dahinter weitgehend erforscht, und Leben ist nur noch erstaunlich, nicht mehr unverständlich.
Unzweifelhaft ist unser Bewusstseinszustand durch den Zustand unseres Gehirns bestimmt. Beispiele in Stichwörtern: Alzheimer; die Folgen von Hirnverletzungen; die Wirkung von Drogen; Narkose; Psychopharmaka.

Platon dagegen war Idealist. Er meinte, es gebe auch eine Ideenwelt.
Ein Mathematikstudent könnte etwa fragen: Gibt es die komplexen Zahlen wirklich?
Die Antwort wäre: Als mathematische Objekte sind sie genauso wirklich wie die reellen oder die natürlichen Zahlen (1, 2, 3,...). Oder genauso wirklich wie Mengen.
Genauer gesagt: Man kann innerhalb eines Axiomensystems, das Mengen beschreibt, die natürlichen, reellen und komplexen Zahlen als Mengensysteme konstruieren. Falls diese Axiomensysteme widerspruchsfrei sind, gibt es die Zahlen in einem bestimmten Sinn.
Und es stellt sich heraus, dass diese Zahlen ungemein nützlich sind; ohne Berechnungen wären Ingenieur-Leistungen nicht möglich, oder man müsste viel mehr herumprobieren. Die ganze Physik wird in mathematischer Sprache ausgedrückt.
Hoffen wir also, dass die verwendeten Axiomensysteme widerspruchsfrei sind. Bewiesen werden kann das nicht. Tatsächlich wurde eben diese Unbeweisbarkeit von Gödel mathematisch bewiesen.

Also sind Ideen doch etwas Reales, genauso existent wie Materie?
Ist Information etwas Reales? Gibt es etwas, das erhalten bleibt, wenn man eine CD auf Festplatte kopiert? Natürlich! Die Musik!

Plato dachte wohl an so etwas wie Kreise und Geraden.
Es gibt eine Idee von Kreis; jeder Kreis, den man aufzeichnet, ist nur eine unvollkommene Annäherung an diese Idee. Diese Idee von Kreis scheint also unabhängig von der materiellen Welt zu bestehen.

Außer, dass das Gehirn, das diese Idee hat, selbst Materie ist und deren Gesetzen gehorcht.

Hätten/haben Delfine dieselbe Art Mathematik? Oder ist die Beschäftigung mit Geometrie eine Folge unserer visuellen Daseinsweise? Würden Delfine mit ihrem Echo-Ortungssystem sich mit ganz anderen Fragen beschäftigen? Sicher hätten sie eine andere Intuition, würden andere Sachen anschaulich finden. Vielleicht wären partielle Differentialgleichungen für sie die einfachste Sache der Welt, aber sie hätten Schwierigkeiten, zu verstehen, was eine unstetige Funktion ist.
Vielleicht fänden sie andere Axiomensysteme natürlich. Aber ausgehend von gewissen Axiomen sollten sie daraus dieselben Schlüsse ziehen wie wir. Die Logik ist universell. Das Universum bestätigt uns dies.
Oder? Nun ja, ist die Quantentheorie logisch? Sie muss es sein, sie widerspricht nur so massiv unserer Intuition, dass sie uns zumindest äußerst seltsam vorkommt.

Keine Kommentare: